Das Verfahren der Flächenklappen

Unser neues Projekt, die fs36, wird ein FlyByWire Segelflugzeug mit einer Flächenklappe. Bereits bei der fs34 „Albatros“ wurde die Idee der Flächenklappe versucht umzusetzten. Bei bisherigen Segelflugzeugen mit veränderlicher Flügelfläche wurde versucht einen Vorteil beim Kurbeln zu erzielen, indem dort die Flügelfläche vergrößert wurde. Beim Vorfliegen entspricht die Flügelfläche und damit auch die Flächenbelastung dann den der gängigen Segelflugzeuge. Da die Erfahrung gezeigt hat, dass der Vorteil beim Kurbeln allerdings kaum ausgespielt werden kann, möchten wir nun die andere Richtung ausprobieren: Im ausgefahrenen Zustand entspricht die Flügelfläche vergleichbaren Leistungsseglern in der 18m Klasse, also ca 10m2. Eingefahren verringert sich die Fläche dann auf ca 8,5m2, um den anderen Fliegerkollegen im Wettbewerb voraus wegzufliegen. Die fs34 wurde unter anderem nicht gebaut, da mit den zusätzlichen Steuerstangen zu viele Löcher in der Wurzelrippe wären. Durch das FlyByWire System ermöglicht sich die Flächenklappe nun aber wieder für uns.

In der Theorie

Die Flächenklappe soll über fast die gesamte Spannweite der Flügel ausfahren. Dies bringt natürlich einige Herausforderungen mit sich. Bei einer Durchbiegung des Flügels muss sich die Flächenklappe ebenfalls elastisch verformen. Im ausgefahrenen Zustand ist dies natürlich nur bedingt möglich, denn der Biegeradius der Klappe und dann auch der Querrudern ist entsprechend größer. Daher wird die Flächenklappe nach aktuellem Stand pro Flügel in vier Teile geteilt mit etwa eine Länge von jeweils 2m. Jede Flächenklappe verfährt auf drei Schienenpaaren und wird an zwei Stellen angesteuert. Somit wird sie die Durchbiegung des Flügels mitmachen. An jeder Flächenklappe sitzen ein bis zwei Ruder, da das Aufbringen der nötigen Kräfte mit Aktuatoren eine große Herausforderung ist.

Um erste Erfahrungen zu sammeln und ein Gefühl dafür zu bekommen, was bei der Konstruktion und dem Bau wichtig ist, testen wir alles an ersten Flügelprobestücken.

Die Konstruktion der Flächenklappen-Ansteuerung für das Flügelprobestück

Die Flächenklappe wird über eine Steuerstange in der Fläche angesteuert. Ein Aktuator im Rumpf verfährt so alle Flächenklappen gleichzeitig. Sollte dieser versagen, fallen so alle Klappen symmetrisch aus.  Die Steuerstange legt einen bestimmen Weg zurück. Die Flächenklappe verfährt allerdings prozentual über den Flügel. Das heißt konkret, dass diese innen ca. 120mm und außen ca. 30mm zurücklegt. Somit brauche ich einen Hebel, der die Längsbewegung der Steuerstange auf die Ausfahrbewegung der Flächenklappe übersetzt.

Der Hebel rotiert auf einer Ebene um  den Drehpunkt und übersetzt somit die Bewegung. Eine weitere Herausforderung stellt die Stange zwischen dem Hebel und der Flächenklappe dar. Die Klappe verfährt nach hinten unten und rotiert dabei um einen Punkt, der außen vom Flügel liegt. Sie rotiert um diesen Punkt, da sie ja innen weiter ausfährt als außen. Die Bahn jedes Punktes der Flächenklappe liegt somit auf einer Kugeloberfläche und die Stange muss den Unterschied zwischen der ebenen Bewegung des Hebels und der „kugeligen“ Bewegung der Flächenklappe ausgleichen.

Ich benötige also zwei Kugelgelenke und der Bauraum außen im Flügel ist sehr gering. Das Kugelgelenk unmittelbar an der Klappe muss auf eine Höhe von 12mm passen und dabei am besten rotationssymmetrisch um die Achse der Stange sein. Für diese Anwendung gibt es allerdings nicht sehr viele Gelenklager. Im Moment sitzt daher eine Eigenkonstruktion an dieser Stelle.

Bei den meisten Lagerungen um nur eine Achse sitzen Gleitlagerbuchsen. Diese haben den Vorteil gegenüber zum Beispiel Kugellagern, dass sie einen sehr geringen Bauraum benötigen und hohe Lebensdauern bei geringen Reibungen aufweisen.

Erste Fertigungsversuche

Nachdem ich mit meiner Konstruktion jetzt relativ zufrieden war, haben wir schon mal angefangen die ersten Teile zu fertigen. In der folgenden Abbildung sind der Hebel und die Steuerstangen ganz außen im Flügel zu sehen. Den Hebel haben wir aus Aluminium mit einer CNC-Fräse gefräst und die Probesteuerstangen mit Hilfe eines 3D-Druckers gefertigt. Dabei wird auch schön deutlich, wie klein die ganze Konstruktion ist.

Die Schienen für das Flügelprobestück

Bei den Schienen haben wir das schon oben erläuterte Problem, dass sich die Flächenklappe auf sozusagen einer Kugeloberfläche bewegt. Diese Bewegung muss durch die Schienen erzeugt werden. Dies hat die Konstruktion sehr erschwert. Mittlerweile haben wir aber einige Schienenbahnen, bei denen wir ein gutes Gefühl haben. Zu diesem Thema wurden auch schon mehrere Arbeiten geschrieben, wie zum Beispiel die von Paul von Bieberstein. Wir versuchen nun im weiteren Verlauf der Vorentwicklung die Konstruktion für die Schienen abzuschließen und das Flügelprobestück zu bauen.

Autor: Felix Johnke

Gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.