Wie baut man ein Höhenleitwerk 25% leichter ?

 

Böse Zungen behaupten, man müsse dafür erstmal 33% zu schwer gebaut haben…

Das Höhenleitwerk (HLW) unserer fs35 wurde 2010 gebaut und war das erste „scharfe“, also fliegende Bauteil nach einer jahrelangen Baupause. Dementsprechend war der Erfahrungsschatz der damaligen Aktiven Gruppe nicht sehr groß. Konservative Rechnungen, Angstlagen, dicke Verklebespalte und schwere Metallbeschläge waren das Mittel der Wahl und ließen das Gesamtgewicht schnell nach oben schießen. Die Ruder waren ebenfalls sehr massiv gebaut, was den dafür benötigten Rudermassenausgleich folglich sehr schwer werden ließ. Das 3,36m breite Leitwerk ließ also allen Anlass zu, einen Zweitversuch zu wagen und sich mit tollkühnen Massenabschätzungen zu beschäftigen. Wie gut solche Abschätzrechnungen zutreffen und wie stark doch noch der Faktor Bauausführung eine Rolle spielt, sollten wir beim Wiegen nach dem Entformen feststellen dürfen.

Zuest wurde ein detailliertes CAD-Modell erstellt um die Details auszukonstruieren.

 

Angegangen wurden zuerst die offensichtlichsten Dickmacher: Schalendicken, Verklebespalte und Krafteinleitungspunkte. Der Abtrieb am HLW erzeugt ein Biegemoment um die Flugzeuglängsachse, welches weiter innen größer wird. Folglich sind außen am Leitwerk sehr kleine Lasten vorherrschend, was die Sicherheiten sehr groß werden lässt. Hier wurde viel gerechnet und eingespart.

Experimentiert wurde mit dem Infiltrationsverfahren, Waben statt Schaum und wie man was wann und mit wem verklebt, indem man dutzende Bauversuche durchführte. Man hatte sich am Ende dann für das traditionelle Laminierverfahren und Waben entschieden, da die Waben am leichtesten schienen, aber nicht gleichzeitig infiltriert werde konnten. Dass der Wabenhersteller dann plötzlich sehr lange Lieferzeiten hatte, führte dazu, dass wir doch mit Schaum, aber immer noch im Laminierverfahren bauten. Auch weil das Infiltrieren bei dünnem Lagenaufbau nicht die enormen Vorteile mit sich bringt. Der mehr als rießige Dickharzverklebespalt wurde minimiert, indem wir eine Bauhilfe auf den Steg klebten, welche die Position der anderen Schalenhälfte annahm und so einen effektiven Spalt von 0,5mm bis 1mm garantierte. Wir waren am Ende selbst ein wenig überrascht wie klein er geworden ist. Die Krafteinleitungspunkte wurden durch Neuauslegung und Materialwechsel erleichtert. Dicke Metallklötze wiechen dünnen Metall-CFK Konstruktionen. Auch die Krafteinleitungspunkte der Ruderscharniere wurden den Lasten entsprechend neu konstruiert.

 

Kurz nach dem Entformen wurde es spannend: Wir legten das Ruder auf die Waage und alle Spekulationen hatten ein Ende: ~9,0 kg Endgewicht ließ die Waage verlauten und offenbarte und somit 3kg Einsparung. Die rechnerische, aber tollkühne Massenabschätzung hatte uns von 7,5 kg träumen lassen. Vielleicht sollte man für zukünftige Bauvorhaben also einfach wieder 33% aufschlagen 😉

Gelohnt hat sich der Aufwand eines erneuten Baus aber allemal: 3kg am Leitwerk einsparen, das erträumt sich so mancher Flugzeugbauer, da hierdurch ein enorm größerer Freiräum für eventuelle zukünftige Schwerpunktskorrekturen frei wird.

Baubeginn war: 2. Januar 2017
Entformt wurde: 2. März 2017